Porträt Dieter Hulliger
Dieter Hulliger (Spitzname: Huli) ist der dienstälteste Unisport-Trainingsleiter und geht bald in Pension. Huli hat 40 Jahre lang das Unisport-Orientierungslauftraining geleitet und massgeblich geprägt. Huli begeistert nicht nur Sportartneulinge, die er versiert mit Karte und Kompass vertraut macht, sondern ist mit seinem Renommee als Elite OL-WM-Silber- und -Bronzemedaillengewinner, Kartenzeichner und ausgeklügelter OL-Routenleger auch Magnet für Spitzenläuferinnen und -läufer. Wie Huli zum Unisport kam, den Spagat zwischen Sportartneuling und Spitzenläuferin schafft, welches die aussergewöhnlichsten OL-Posten waren, erzählt Huli im persönlichen Gespräch.
Wie bist du zum Unisport gekommen?
Die ehemaligen Instituts- und Unisportleiter Ernst Strupler und Fritz Holzer hatten ab ca. 1968 ein regelmässiges Konditionstraining für Spitzensportler in den Räumlichkeiten des Unisports im Neufeld organisiert. Da trainierte ein heterogenes Grüppchen aus Boxern, Fechtern, Ruderern, OL-Läufern usw. zusammen. An diesem hatte auch ich teilgenommen. Damals gab es noch keine regionalen und nationalen Leistungssportzentren. Damit war die Türe für den Unisport geöffnet. Fritz hatte natürlich auch einen Hintergedanken: Er lotste uns so in den STB (Stadtturnverein Bern). Von da an trainierte ich auch gemeinsam mit andern Berner OL-Läufern zusammen mit den Leichtathleten im STB in der Schönau. Zudem schätzten wir es sehr, die Aussengarderoben des Unisports, das legendäre Chalet, benutzen zu können. Hier entstanden auch die Unisport-Lauftrainings (und später auch das OL-Training), welche meist von den Läufern des STB organisiert und geleitet wurden.
Erinnerst du dich an dein erstes Unisport-Training, das du geleitet hast?
Bevor ich als Unisport-Trainingsleiter angestellt wurde, übernahm ich des Öfteren die Stellvertretung des Lauf- oder OL-Trainingsleiters. Das erste OL-Training wurde von Jürg Bucher, dem späteren Postfinancechef, geleitet. Als meine Frau und ich beabsichtigten, unsere Kinder in der Unikrippe betreuen zu lassen, half mir Fritz Holzer mit einer offiziellen Unisport-Trainingsleiteranstellung, um das Angebot der Uni-Kinderkrippe in Anspruch nehmen zu können.
Wie hat sich im Verlaufe der Jahre das Unisport-Training verändert?
Früher war die Läufergruppe des STB fast identisch mit der Unisportlauftrainingsgruppe. Das Interesse an einem gemeinsamen Lauftraining im Unisport war für die Berner Spitzenläufer gross.
Heute ist die Nachfrage im Unisport seitens Spitzenläufer viel geringer, diese trainieren vermehrt mit dem nationalen Kader oder im regionalen Leistungszentrum, sofern sie überhaupt in der Schweiz weilen. Für uns waren Reisen nach Skandinavien fast unerschwinglich, kostete doch ein Flug nach Stockholm über 1’000 Franken.
Neben den OL- und Lauftrainings organisierte Fritz Holzer mit unserer Hilfe im Turnus mit anderen Unis eine Schweizer Hochschulmeisterschaft im OL und auch in Leichtathletik. Diese finden seit einigen Jahren nicht mehr statt.
Deine OL-Routen sind abwechslungsreich, überraschend, ausgeklügelt. Welches waren deine aussergewöhnlichsten Posten, die du in den 40 Jahren gesetzt hast?
Im Rahmen vom Unisport-Weihnachts-OL musste ich mir immer neue spezielle Posten aushecken. So ist einmal ein Posten auf der Aare heruntergeschwommen, einer klebte im Umkehrpunkt des «Pater Noster» (Lift) im ehemaligen Vaucher Sport Ladenlokal in der Innenstadt, einer war an einem Tischbein im Bahnhofscafé Spettacolo montiert. Beliebt waren natürlich immer Inselposten, sei es im Ententeich im Bremer oder auf den Sandbänken im Schwellenmätteli etc. Unter der Kirchenfeldbrücke schwebte in unerreichbarer Höhe ein Posten oder einmal hing eine Postenflagge im alten Bärengraben, den ich natürlich vom Wärter setzen liess.
Gelegentlich sind neben den OL-Einsteigern und -Einsteigerinnen auch Spitzenläufer- und -läuferinnen im Unisport-Training. Wie schaffst du diesen Spagat? Welche Top-Athleten und Athletinnen sind/waren bei dir im Training?
Aktuell gibt es einen separaten Kurs für Einsteigerinnen und Einsteiger. Bei grossen Leistungsunterschieden setze ich die Posten näher beieinander oder stecke zwei Runden mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Im Training und an den legendären Berner Uni-Meisterschaften hatte ich die Spitzen-OL-Läufer/innen wie Christian Aebersold, Martin Howald, Pekka Marti, Daniel Hubmann, Matthias Kyburz, Vroni König, Simone Niggli, Brigitte Wolf u.a. Aber auch andere Prominenz wie der spätere Bundesrat Dölf Ogi und sein Gegenspieler Res Blum gingen im Chalet ein und aus.
Hast du nie Trainingsteilnehmende im Wald verloren?
Nein, verloren nicht, aber warten musste ich hie und da etwas länger. Einmal ging ein Hund einer Läuferin verloren. Der Hund von einer Spitzenläuferin hatte wohl ein interessanteres Ziel als Posten erschnüffelt. Es dauerte einige Zeit, bis die beiden im Ziel eingetroffen waren und wir die Rückfahrt antreten konnten.
Du bist auch im OLG Bern, einer der grössten OL-Vereine der Schweiz, tätig und hast unzählige OL-Karten aufgenommen und gezeichnet. Derzeit aktualisierst du die OL-Karte Bremgartenwald. Wo liegen die Herausforderungen?
Eine Karte zu zeichnen, ist sehr zeitaufwändig. Pro Quadratkilometer muss man mit etwa 40 Arbeitsstunden rechnen. Die OL-Karten müssen im Rhythmus von fünf bis sieben Jahren neu gezeichnet werden.
Es ist immer wieder spannend, eine Karte aufzunehmen, insbesondere wenn es sich um ein noch nie oder seit längerem nicht mehr kartiertes Gebiet handelt. Da packt mich die Entdeckungslust und macht mich richtig süchtig. Da vergehen 7 bis 9 Stunden im Wald im Nu. Bekannte Mittellandwälder sind weniger spannend, hier liegt der Reiz im Beobachten der Änderungen des Waldes seit den letzten Aufnahmen. Und das fertige Produkt ist immer ein kleines Kunstwerk, das man mit etwas Stolz betrachtet.
Die Digitalisierung macht wohl auch vor dem OL-Sport nicht Halt. Wagst du einen Blick in die Zukunft? Wie sieht der OL-Sport in 40 Jahren aus?
Eventuell wird künftig noch mehr mit aus Laserdaten generierten Karten gelaufen. Derzeit ist die Qualität noch nicht befriedigend, das menschliche Auge und Handarbeit ist immer noch erforderlich. Ich denke aber nicht, dass sich der OL-Sport stärker von elektronischen Geräten abhängig machen wird. Bereits seit den Anfängen des OL sind technische Hilfsmittel verboten. Diese würden den Reiz am Finden der richtigen Route ja vollständig aufheben. Im Zeichen der Suche nach Abenteuer stirbt der OL sicher nicht so schnell aus.
Hast du neben dem OL Zeit für weitere Hobbies/Leidenschaften?
Ich arbeite noch als Projektleiter zu etwa 60% in einem Ingenieurbüro. In der Freizeit lese ich ziemlich viel.
Das Laufpensum habe ich zurzeit wegen Knieproblemen stark reduziert. Dafür mache ich Langlauf, gehe auf Ski- und Bergtouren und rudere etwa einmal in der Woche auf dem Wohlensee. OL-Wettkämpfe bestreite ich, übrigens auch während meiner Spitzensportzeit, eher wenig.
Ein Schlusswort?
Ich finde die Entwicklung vom Unisport in den letzten vierzig Jahren beeindruckend. Sozusagen vom «familiären Kleinbetrieb» zum professionellen Grossbetrieb mit allen möglichen Sportangeboten.
Vielen Dank für das Gespräch!