Inverted Classroom

In dem die Studierenden sich das Wissen bereits zuhause erarbeiten, kann es in der Präsenz verarbeitet, vertieft oder zur Anwendung gebracht werden. Damit ein solches Vorhaben gelingt, ist die Begleitung des Selbststudiums und eine geschickte Gestaltung der Präsenzphase zentral.

Was ist ein Inverted Classroom?

Im Inverted Classroom erarbeiten die Studierenden die Lerninhalte zu Hause mit Hilfe von Lernvideos oder Podcasts. Ihrem eigenen Lerntempo entsprechend können sie die Videos vor- und zurückspulen, wiederholen oder anhalten. Die Präsenzveranstaltung baut auf diesem Wissen auf und wird lernendenzentriert gestaltet. Weiterführende Fragen können im Plenum diskutiert, Übungen mit unmittelbarem Feedback bearbeitet, Fälle in der Kleingruppe besprochen oder Projekte im Team bearbeitet werden. Das angeeignete Wissen wird dabei vertieft und kann gleichzeitig in einen Anwendungsbezug gestellt werden. Was vormals also Zuhause und in isolierter Einzelarbeit geschah, vollzieht sich nun im sozialen Austausch mit den Mitstudierenden und im Kontakt mit den Dozierenden. Entsprechend ändert sich auch die Rolle des Dozierenden - weg von der reinen Wissensvermittlung hin zu mehr Begleitung bei der Wissensverarbeitung und -anwendung.

Example showing the differences between traditional and flipped classroom. In a traditional classroom, the lecture takes place, while the flipped classroom focusses on activities.
«The Flipped Classroom» by AJC1, https://www.knewton.com/infographics/flipped-classroom/

Welches sind die Vorteile?

Die Umdrehung einer Vorlesung im Sinn des Inverted Classroom ist aus mehreren Gründen eine wirksame Strategie:

  • Individuelle Lerngeschwindigkeiten werden berücksichtigt.
  • Durch die stärkere Aktivierung der Studierenden entsteht eher vertieftes Wissen.
  • Neben fachlichen werden vermehrt soziale und überfachliche Kompetenzen gefördert.
  • Alle beteiligten Personen erhalten mehr Feedback: Die Dozierenden über den Wissensstand der Studierenden und die Verständlichkeit ihrer Erklärungen, die Studierenden über ihren eigenen Wissensstand und jenen ihrer Mitstudierenden.

 

Mehr Informationen

Einen informativen Überblick über die Methode Inverted Classrooms bietet Prof. Dr. Christian Spannagel (PH Heidelberg) im folgenden Video:

 

Wir empfehlen Ihnen ebenfalls das Wiki der Freien Universität Berlin. Dieses informiert ausführlich über das «Inverted Classroom Model» und bietet interessante Module zur persönlichen Vertiefung an. Gerne weisen wir auch auf das Video von Prof. Dr. Jürgen Handke hin, in welchem das Lehr-/Lernszenario «Flipped Classroom» ausführlich erläutert wird.

Hilfreiche Hinweise

Folgende Tools und Werkzeuge unterstützen Sie bei der Umsetzung Ihres Inverted Classrooms:

Videos erstellen

  • Screencasts: Camtasia ist eine einfach zu bedienende Screencast-Software. Sie eignet sich dazu, um auf Folien basierende Referate aufzuzeichnen. Die Nachbearbeitung der Videos ist im selben Programm möglich.
  • Podcasts: Alternativ können Sie auch Vorlesungsaufzeichnungen aus früheren Semestern nutzen. Es ist dabei zu empfehlen, die einzelnen Aufzeichnungen in kürzere, inhaltlich passende Sequenzen zu unterteilen.
  • Pencast analog: Ein Smartphone, Stift, Papier und eine passende Halterung ist alles, was es für diese für einen Pencast braucht (siehe zugehöriges Video-Tutorial). Diese Videoform eignet sich besonders für Personen, die gewöhnlich ihre Referate mit Visualizer oder Wandtafel unterstützen. 

Videos zur Verfügung stellen

  • Opencast: Im ILIAS-Objekt «Video (Opencast Serie)» können Sie Videos zur Verfügung stellen. Sie entscheiden, ob die Videos ausschliesslich online betrachtet oder auch heruntergeladen werden können. Bei Bedarf können Sie diese Videos gleichzeitig auch auf dem Videoportal Tobira publizieren.
  • ILIAS «Interaktives Video»: Mit diesem ILIAS-Objekt können Sie in einem Video Fragen oder Ergänzungen einblenden lassen und den Studierenden ein Inhaltsverzeichnis zur Verfügung stellen. Möglich ist dies mit Videos, die auf Opencast, SWITCHtube oder YouTube publiziert sind oder die Sie direkt nach ILIAS hochladen. Mehr dazu: Anleitung und Beispiel
  • SWITCHtube/YouTube: Falls die Videos öffentlich publiziert werden sollen, bietet sich SWITCHtube oder YouTube an.

Begleitung des Selbststudiums

Videos erscheinen meist leicht zugänglich und rufen bei Studierenden häufig den Eindruck hervor, dass sie die Inhalte erfasst hätten, ohne sich vertieft damit auseinandergesetzt zu haben. Daher empfiehlt es sich, zur Unterstützung des Selbststudiums verschiedene Materialien zur Verfügung zu stellen.

  • Leitfragen, Lückentext-Folien oder Arbeitsblätter: Solche Hilfestellungen weisen auf inhaltliche Schwerpunkte hin und animieren zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten.
  • Selbsttests: Zur Überprüfung, ob die Inhalte aus den Videos wirklich verstanden wurden, können im ILIAS-Objekt «Test» automatisch auswertbare Übungsaufgaben eingesetzt werden. Alternativ können Sie mit dem ILIAS-Objekt «Interaktives Video» auch direkt im Video drin und am gewünschten Zeitpunkt eine Frage zum Verständnis oder zur Interpretation stellen.
  • Forum: In einem ILIAS-Forum können Studierende Verständnisfragen stellen, die direkt im Forum (vom Dozierenden oder anderen Studierenden) oder in der Präsenzphase diskutiert werden.

 

Gestaltung der Präsenzphase

  • Inhalten vertiefen, nicht wiederholen: In der Präsenzphase sollte die «gewonnene» Zeit genutzt werden, um die Inhalte der Videos zu vertiefen. Auf keinen Fall sollten die Inhalte wiederholt werden. Ansonsten läuft man Gefahr, dass die Studierenden die Videos nicht mehr anschauen.
  • Methodenrepertoire: Der Rollenwechsels des Dozierenden (weniger Wissensvermittlung, mehr Begleitung) verlangt nach einem erweiterten Methodenrepertoire. Bei der Erweiterung helfen die Didaktipps und diese Literaturempfehlungen der Hochschuldidaktik.
  • LiveVoting: Mit dem «LiveVoting»-Tool von ILIAS können Live-Umfragen durchgeführt werden. Damit lassen sich z.B. Verständnisfragen stellen, Meinung einholen oder offene Punkte sammeln. Auf der Grundlage der Antworten wird dann weiter diskutiert oder die Handlungen in der Präsenzphase angepasst.

Inverted Classroom an der Universität Bern

Verschiedene Dozierende der Universität Bern setzen mit Erfolg auf einen Inverted Classroom. In den jeweiligen Videos erhalten Sie einen Einblick in deren Lehrveranstaltungen und die dabei gemachten Erfahrungen.

Marketing

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Bettina Nyffenegger und Lucia Malär

«Grundlagen des Markenmanagements», Dr. Bettina Nyffenegger & Dr. Lucia Malär

Die Grossveranstaltung mit über 300 Studierenden besteht aus Selbstlerneinheiten (v.a. redigierte Podcasts), in denen sich die Studierenden das grundlegende Wissen erarbeiten und aus Präsenzterminen (z.B. Workshops, Gastvorträge, Q&A Sessions). Die Anwendung des Wissens wir in Kleingruppen-Workshops geübt und in einer Projektarbeit bei der Anwendung auf ein spezifische Marke demonstriert.

Pflanzenwissenschaften

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Matthias Erb

«Solving Current Challenges in Plant-Herbivore Interactions», Prof. Dr. Christelle Robert & Prof. Dr. Matthias Erb

Im ersten Teil erarbeiten sich die Studierenden mit Hilfe von Erklärvideos, Online-Übungen, weiterführender Literatur und in vertiefenden Kontakttreffen das nötige Fach- und Methodenwissen, um gegenwärtige Herausforderungen («Challenges») in Pflanzen-Herbivoren Interaktionen zu verstehen. Im zweiten Teil bearbeiten sie in Kleingruppen eine selbstgewählte Herausforderung in einem eigenen Forschungsprojekt.

Betriebswirtschaftslehre

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Michael Schulte-Mecklenbeck

«Entscheidungsforschung», PD Dr. Michael Schulte-Mecklenbeck

Von den insgesamt elf Präsenzterminen wurden vier in Form eines Inverted Classrooms gestaltet. Zur Vorbereitung kamen hauptsächlich Vorlesungsaufzeichnungen aus dem Vorjahr zum Einsatz. In der Präsenz wurde das erworbene Wissen mit verschiedenen Mitteln vertieft (z.B. Kleingruppen-Diskussionen, Glossar erstellen, Elevator Talk, Live-Quiz mit Kahoot).

Geographie

Vorschaubild zum Videoporträt von Moritz Bigalke

«Physische Labormethoden», Dr. Moritz Bigalke

Die Screencasts zur Erarbeitung der theoretischen Inhalte im Selbststudium hat Moritz Bigalke am eigenen Arbeitsplatz erstellt. In der Präsenz werden zunächst offene Fragen geklärt. Anschliessend transferieren die Studierenden in variierenden Gruppenarbeiten die theoretischen Inhalte in die (Forschungs-)Praxis und lernen Mess- und Analysegeräte im Labor kennen und anwenden.

Wirtschaftsinformatik

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Matthias Stürmer

«Open Data - Übung», Dr. Matthias Stürmer

Studierende programmieren eine eigene Open Data App. Die dazu notwendigen technischen Grundlagen eignen sie sich mit Hilfe von YouTube-Videos an.

Sportwissenschaft

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Jürg Schmid

«Statistik - IBM SPSS», Dr. Jürg Schmid

Mit Hilfe von redigierten Vorlesungsaufzeichnungen aus dem Vorjahr bereiten sich die Studierenden auf die Präsenztermine vor. In der Präsenz bearbeiten sie individuell oder in Zweiergruppen Übungen und werden dabei von Jürg Schmid unterstützt.

Sportwissenschaft

Vorschaubild zur Aufzeichnung des Referates von Claudia Zuber und Julia Schmid

«Motorische und psychologische Tests in der Sportwissenschaft», Dr. Claudia Zuber & Dr. Julia Schmid

Das Seminar gliedert sich in zwei Phasen: In der ersten Phase werden die Wissensgrundlagen zu motorischen und psychologischen Tests erarbeitet - im Selbststudium mit Hilfe von Slidecasts und in der Präsenz anhand verschiedener Übungen. In der zweiten Phase wenden die Studierenden dieses Wissen an, in dem sie bei ausgewählten Tests die Gütekriterien überprüfen und die Resultate vorstellen.


Support

Das iLUB-Team unterstützt Sie bei der Umsetzung eines «Inverted Classrooms» - von der Produktion Ihrer Lernvideos, der Erstellung von Materialien zur Begleitung des Selbststudiums bis hin zur Konzipierung der Aktivitäten für die Präsenzphase.